5 Grundregeln für mehrsprachige Webkonferenzen mit Simultandolmetschern

April 23, 2020 christineweise

Mehrsprachige Online-Meetings mit Simultandolmetschen effizient gestalten

Erfolgreiche Kommunikation ist auch während der Corona-Krise möglich

Lässt sich eine mehrsprachige Webkonferenz mit Simultandolmetschern erfolgreich durchführen? Das fragen sich seit dem Beginn der Coronavirus-Pandemie Unternehmen, Verbände und Institutionen, bei denen Online-Besprechungen mittlerweile zum Alltag gehören. Da viele Treffen mit ausländischen Geschäfts- oder Projektpartnern nicht mehr am geplanten Ort stattfinden können, wird vielerorts nach einer Alternative gesucht.

Auch wenn Grenzen geschlossen und Flüge gestrichen wurden und auch am Arbeitsplatz Social Distancing eingeführt wird, muss die internationale, mehrsprachige Kommunikation in Wirtschaft und Politik keineswegs zum Stillstand kommen.

Dort wo eine Zusammenarbeit online möglich ist, kann diese mit Hilfe von entsprechend qualifizierten und technisch ausgestatteten Simultandolmetschern durchaus auch mehrsprachig ablaufen.

Im Vergleich zu einer herkömmlichen Konferenz bringt eine Online-Videokonferenz durch den Wegfall von Reisezeiten und Reisekosten aller Beteiligten außerdem deutliche Einsparungen mit sich.

Bei der Planung einer Webkonferenz mit Simultandolmetschern gilt es jedoch, einige leicht vermeidbare Fehlerquellen auszuschalten, damit das Event zur Zufriedenheit aller Beteiligten verlaufen kann.

Insbesondere der Soundqualität ist hierbei besondere Beachtung zu schenken.

Bei Webkonferenzen mit Simultanübersetzung geht die Tonqualität über alles

Für Dolmetschanlagen in herkömmlichen Konferenzräumen schreiben die geltenden ISO-Normen u.a. ein Frequenzband von 125 bis 15.000 Hz vor, damit der Originalton bei den DolmetscherInnen möglichst klar ankommt und richtig verstanden werden kann.

Falls kein direkter Blickkontakt zu den Vortragenden besteht und Bildschirme in den Dolmetschkabinen zum Einsatz kommen, gelten auch für die Bildübertragung spezifische Vorschriften (1).
Die Anforderungen an die Audio- und Videoqualität von Dolmetschanlagen sind sehr hoch, da das Simultandolmetschen eine extrem hohe Konzentration erfordert und starken Stress (2) verursacht.
Da bei Online-Veranstaltungen Ton und Bild über das Internet übertragen werden, kommen die Redeinhalte auch bei den besten technischen Voraussetzungen bei den Dolmetschern schlechter an als dies bei Benutzung einer normgerechten Dolmetschanlage der Fall wäre.
Die Verzögerung der Übertragung (Latenz) führt zu einer weiteren Steigerung der kognitiven Belastung bei den Dolmetschern.

Kommen noch eine instabile Internetverbindung und ungeeignete Hardware dazu, kann es passieren, dass die mangelhafte Qualität der Ton- und Bildübertragung eine angemessene Verdolmetschung unmöglich macht.Um diese Nachteile zu minimieren und trotz allem eine effiziente Kommunikation während des Events zu ermöglichen, sollten ALLE Beteiligten sich der Risikofaktoren bewusst sein und bereits im Vorfeld für eine angemessene Ausstattung ihres Arbeitsplatzes sorgen.

5 Grundregeln für die erfolgreiche Planung einer mehrsprachigen Online-Konferenz mit Simultandolmetschern:

  1. Ethernet-Kabel statt WLAN
  2. Leistungsfähiger PC oder Laptop in schallisolierter Umgebung
  3. Qualitativ hochwertiges USB-Headset oder USB-Mikrofon, Webcam
  4. Auswahl der Plattform mit Dolmetscher vereinbaren und testen
  5. Kompetente und strikte Moderation. 

Störfaktoren

Zu den häufigsten technischen Störfaktoren, die bei der Planung unbedingt zu vermeiden sind, gehören eine zu langsame oder instabile Internetverbindung, die Nutzung von WLAN sowie die Verwendung ungeeigneten Zubehörs wie Handykopfhörer und Handymikrofon seitens der Teilnehmer im Homeoffice.

Auch die TeilnehmerInnen müssen rechtzeitig planen

Alle, die während der Webkonferenz einen Vortrag halten oder sich zu Wort melden, müssen dies an einem schallisolierten Ort mit schneller und stabiler Internetverbindung von einem möglichst leistungsstarken PC oder Laptop aus tun, an den eine Webcam und ein USB-Headset mit gutem Mikrofon angeschlossen sind. Es ist wichtig, diese Information bereits im anfänglichen Planungsstadium an alle Beteiligten weiterzugeben, damit sie sich die entsprechende Ausstattung für ihr Home-Office beschaffen oder für die Dauer der Konferenz einen ruhigen Raum mit der entsprechenden Infrastruktur aufsuchen können.

Die aktuelle Entwicklung der Simultan-Plattformen

Das Hinzuschalten der SimultandolmetscherInnen zur Konferenz kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Es gibt einige Software-Plattformen, die seit mehreren Jahren auf dem Markt sind, und die es bisher ermöglichten, bei ortsgebundenen Konferenzen die SimultandolmetscherInnen von verschiedenen Orten aus hinzuzuschalten. Diese Plattformen sind dabei, sich auf die jetzt immer häufiger stattfindenden Online-Konferenzen einzustellen und ihre Simultan-Plattformen mit den marktüblichen Webmeeting-Plattformen zu verknüpfen. Gleichzeitig haben Webmeeting-Plattformen begonnen, eine Simultanfunktion in ihre Software einzubauen, mit Hilfe derer die SimultandolmetscherInnen ebenfalls von ihren Büros aus in das Meeting integriert werden können, um für die TeilnehmerInnen zu dolmetschen.
Diese verschiedenen Plattformen sind gerade in einer Umstellungs- bzw. Entwicklungsphase, außerdem weisen sie erhebliche Preis-, Qualitäts- und Funktionsunterschiede auf. Wichtig ist die Auswahl der jeweils richtigen Plattform für verschiedene Arten von Events. Die beste Beratung dazu kann Ihnen sicherlich der/die KonferenzdolmetscherIn Ihres Vertrauens bieten.
Der internationale Verband der Konferenzdolmetscher (AIIC) hat vor Kurzem einen Leitfaden für die Verwendung von Ferndolmetsch-Plattformen mit detaillierten technischen Empfehlungen und Praxishinweisen veröffentlicht. Die vollständige Liste der Empfehlungen können Sie in englischer Sprache herunterladen:
 AIIC Covid-19 Distance Interpreting Recommendations for Institutions and DI Hubs.

Kompetente Moderation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor

Wenn Sie die obigen Tipps umgesetzt haben, dann haben Sie einige grundlegend wichtige Voraussetzungen für das Gelingen ihrer internationalen Online-Veranstaltung erfüllt.
Ganz entscheidend für eine erfolgreiche Veranstaltung ist jedoch auch die Moderation. Der oder die Moderator/in sollte dafür sorgen, dass immer nur das Mikrofon einer Person eingeschaltet ist. Bei einer Konferenz mit mehreren Fremdsprachen kann es auch wichtig sein, anzukündigen, in welcher Sprache der nächste Redner sprechen wird, um die Koordination der DolmetscherInnen untereinander zu erleichtern, die ja bei einem Web-Event nicht im gleichen Raum sitzen, sondern sich notfalls mithilfe einer Chat koordinieren müssen. Wichtig ist in jedem Fall, dass der/die Moderator/in über die erforderlichen Kenntnisse zur jeweiligen Plattform verfügt (vorherige Schulung und Praxistests sind empfehlenswert), um jederzeit alle für den Konferenzablauf erforderlichen Funktionen koordinieren zu können. Eventuell kann es auch angebracht sein, dass ihm oder ihr jemand mit den entsprechenden technischen Kompetenzen zur Seite steht. Dies ist auch dann von Nutzen, wenn eine RSI-Plattform hinzugeschaltet wird, in deren Lieferumfang die Unterstützung durch eine/n Techniker/in enthalten ist.

Aus der Not wird eine Tugend … mehrsprachige Videokonferenzen machen Schule!

Wenn die oben genannten 5 Punkte zur technischen Ausstattung von allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen beachtet werden und kompetente Moderatoren und Dolmetscher mitwirken, steht einem effizient gemanagten mehrsprachigem Online-Event nichts mehr im Weg! Oft sind alle Teilnehmer überrascht, wie angenehm und produktiv Webkonferenzen mit Verdolmetschung verlaufen können. Mit dem Ende der Coronakrise – auf das wir alle sehnsüchtig warten – wird diese Kommunikationsform sicher nicht vom Markt verschwinden. Wenn Simultanfunktionen noch besser in die derzeit am Markt erhältlichen Webkonferenzlösungen integriert werden, könne dies – ganz im Gegenteil – dazu führen, dass derart zeit- und ressourcensparende internationale und mehrsprachige Besprechungen in Zukunft häufiger stattfinden.

 

(1) DIN EN ISO 20109 „Simultandolmetschen – Ausstattung – Anforderungen” und DIN EN ISO 20108 „Simultandolmetschen – Qualität und Übertragung von Ton- und Bildeingang – Anforderungen”

(2) Simultan-Dolmetscher übersetzen live. Länger als 30 Minuten am Stück hält kaum einer durch, es ist der drittstressigste Job der Welt.“ Zeit Online 26. Juni 2012

Foto Christine Weise Kontakt